Donnerstag, 8. September 2016

CGM 800, FOL 207R: "VON DEN TÄGLICHEN MÜHEN UND PLAGEN DES MENSCHLICHEN LEBENS"

207r: ...aigen arbait die uns offt saur wirt allso wann wir es ettwann gar rechts und gemessens und gar gleichs haben wellen oder gehabt haben. so verchert es sy ettwann untter unsern hennten und entfelt uns und so wir (?) ettwan ein ding gar schon und sauber hallten wellen so mailigen wir es wider unsern aigen willen oder es velt uns auß der hantt oder zetten es so wir es sein (?) mit gancze fleiß sorg un(d) huet haben wir legen auch offt ettwas auß der handt pald wider zw nemen und so wir nun verr davon chomen sein so gedencken wir erst dar an und wissen nit ettwan wo wir es hingelegt haben und fluechen (suechen?) offt lang an frömden steten und die recht ist uns unerchant oder wir suechen offt ain ding so wir es in der handt haben oder in dem puesen wir gien auch offt ettwas zw nemen und so wir an die stat chomen so wiß wir nit umb was wir gangen sein wir verhaissen auch ettwan aim ettwas zw geben daz wir vor langst vergeben haben wir wellen auch ettwan ettwas nücz machen oder zw ainander samen so geschecht es leicht so es nun perait ist daz es von ainer chunst die dapej sole sein gewesen als verdirbt (?) wir hoffen auch ettwan ettwas gewiß zw haben daz aim andern wert (?) der nye darauf gedacht hat wir sein auch offt mit sehenden augen plindt (Durchstreichung) allso daz wir etwan ein pöß für ain güets nemen wir wern (?) auch ettwas im hören betrogen und ains andern wort nit recht vernemen und pringen swarcz für weiß oder...
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In unserer eigenen Arbeit quält uns, daß, wenn wir es recht, gemessen und gleichmäßig haben (machen) wollen, es sich in das Gegenteil verkehrt und unseren Händen entgleitet. Wenn wir etwas schön und sauber halten wollen, beschmutzen wir es unabsichtlich und es fällt uns aus der Hand. Haben wir uns räumlich davon entfernt, wissen wir nicht mehr, wo wir es hingelegt haben und fluchen (suchen?) an einem fremden Ort, wobei wir die richtige Stelle (,wo es ist,) nicht kennen. Auch suchen wir manchmal etwas und haben es in der Hand oder bei uns. Wir gehen auch los, um etwas zu holen, und wenn wir an die richtige Stelle hinkommen, wissen wir nicht mehr, warum wir da hingegangen  sind. Auch versprechen wir einem, etwas zu geben, das wir schon längst weggegeben haben. Wir wollen auch etwas Nützliches machen oder etwas sammeln, so geschieht es leicht, daß es vor lauter Sorgfalt zunichte wird. Ebenso hoffen wir, ettwas Gewisses (Sicheres) zu besitzen, das dann einem anderen gegeben wird, der es nie gedacht hätte. Auch sind wir oft sehenden Auges blind (d.h. wir haben die Augen auf und sehen trotzdem nichts), so daß wir bös für gut halten und auch beim Hören getäuscht werden und ein Wort nicht richtig verstehen (vernehmen) und schwarz für weiß halten...
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zw: sprich zu
vermeilen=schädigen, beflecken.
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