206v: in täglich chunfftige pein mit sunden mer gemert denn abgenommen und ist ain goß (groß?) übel und nach dem hat daz (leben?) an im alle ding die hie guet geschäczt werden als schön gefundt sterck reichtumb gewalt und ander solliche ding die zergäncklich und unpeleiblich sind und ist als die schöne pluem die huet (?) pluet und morgen dort also sie es umb die ungewihait unsers lebens und umb alle andre ding der wir und (uns?) hie offt gröslich frewen die sich ettwan übernacht von lust und frölichen zw trawren cheren auch das leben hat an im vil sorg und mue arbait und elendt da mit sy gemainigclich all menschen betragen muessen: und nicht allain gemain und armm leut sunder auch chünig und fürsten und öbrist geistlich und weltlich die all groß sorg und mue und arbait haben müessen ire standt recht und nach got auß zw richten ob sy grosser und chunfftiger pein überhaben wöllen sein wann in oft (?) manigs ding tödlich ist daz aim schlechten menschen leslich ist allso ist nyemant von den öbristen uncz (?) an dem nidristen der an (on?) widerwertikait und an (on?) sorg sein leben in rue müg haben darumb ist daz leben ain unsicheres und unfridlichs leben daz vol unrue und anweigung ist damit ein mensch den andern bechümert und umb treibt wir haben auch laiden von clainen (chainen?) tierlein und von würmlein die an uns chumen oder an uns wachsczen die uns peinigen und peissen und (uns?) peinigt auch frost hicz regen schnee und windt doner plicz und schauer wir wern( ?) auch peinigt in unsern...
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Die Menschen vermehren täglich eher die künftige Pein (Strafe), als daß sie sie vermindern(darin "abnehmen"). Das Leben hat viele Dinge, die geschätzt und für schön gefunden werden: Stärke, Reichtum, Macht etc. Diese sind aber vergänglich und bleiben nicht. Es ist genauso wie die schöne Blume, die heute blüht und morgen verdorrt. Genauso steht es um die Ungewißheit des Lebens und um alle Ding, über die wir uns freuen, die sich aber übernacht von fröhlichen zu traurigen verwandeln ("kehren"; umkehren; wenden) können. Das Leben hat (trägt) viel Sorge, Mühe, Arbeit, Elend an sich. Dies müssen alle ertragen, nicht nur einfache und arme Leute, sondern auch Könige, Fürsten und weltliche sowie geistliche Oberen. Sie haben große Mühe, Sorge und Arbeit, gemäß ihrem Stand zu leben und diesen gleichzeitig nach Gott auszurichten, wenn sie der künftigen Strafe entgehen wollen. Manches ist tödlich (eine Todsünde), was einem schlechten Menschen verzeihlich ("läßlich") ist (Ergänzung: da er ja eh ein schlechter Mensch ist, insofern von ihm nichts anderes zu erwarten ist). Niemand von den Oberen und Niederen kann sein Leben ohne Sorge in Ruhe führen, weil das Leben unruhig und unfriedlich ist und voller Unruhe und Anfechtung und Versuchung (Ergänzung: die uns dazu bringen, Falsches zu tun), womit einer dem anderen das Leben schwer macht (ihn bekümmert) und ihn herumtreibt bzw. antreibt (vgl. auch Schopenhauer: Einer des anderen Teufel!). Wie leiden auch durch kleine Tierchen und Würmchen, die an uns kommen (die wir uns sozusagen "einfangen") und an uns wachsen (Parasiten), die uns quälen und beißen. Auch quälen uns die Unbilden (Unannehmlichkeiten) des Wetters (Frost, Hitze, Regen, Schnee, Wind, Donner, Blitz, Schauer). Wir werden auch gequält in unserer...
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anweigunge=Anfechtung, Versuchung
laezlich=verzeihlich, was gelassen, unterlassen, gebrochen wird, erlässlich.
(vgl. MATTHIAS LEXER: MITTELHOCHDEUTSCHES TASCHENWÖRTERBUCH).
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