Die Berliner Staatsbibliothek besitzt eine Sammelhandschrift (ms. germ. quart. 171 (?)), die eine Schrift über das geistliche Leben und Sterben enthält. In dieser Abhandlung finden sich einige interessante Gedanken darüber, wie sich die Seele vom Körper löst.
fol. 210 r: "Diß ist ein ler von geistlichen leben und sterben der heidensche maister ARISTOTILES der sprichet... (der Sinn der Stelle ist äußerst kryptisch; ich konnte mir keinen Reim darauf machen; vielleicht hat ja ein anderer eine Eingebung (superno dono), ich leider nicht!). Es geht darum, daß Gott alles "gewircket" (=geschaffen) hat, daß die Kunst der Natur folgt, soweit sie vermag, daß sie nach dem Bild des Menschen arbeitet, ein Vögelein in der Kunst nach einem Vögelein in der Natur gestaltet wird. Jetzt kommt ein harter Übergang: "also geistlichen sprich ich suellen wir ersterben be(j) allem den (dem ?) das got nit ist" (man soll allem ersterben, was nicht Gott ist, also sozusagen "tot" für diese Dinge sein); das muß noch bei Zeiten geschehen ("das muoz ouch geschehen noch by zeithen als SANT PAULUS sprichet"). Zitate von JOHANNES und GREGOR; bei letzterem geht es um das Wahrnehmen von Menschen, wodurch sie oder wir in der Tungend zunehmen (Sinn unklar).
fol. 210 v: Wieder geht es um die Imitatio Christi, der für uns gelebt hat und gestorben ist ("ich wil jme ouch leben er ist mir erstorben...an dem crutze"=ich will auch für ihn leben, er ist für mich gestorben... am Kreuz). BERNHARD VON CLAIRVAUX spricht: Der Mensch kann nicht sicher leiblich sterben, wenn er nicht vorher geistlich gestorben ist ("der mönsche mag nit wolle (=wohl) sicher liplich sterben er sy den vor (=es sei denn, daß er vorher) wol geistlichen erstorben" (=richtig geistlich gestorben ist).
"es war ein frog under naturlichen meistern was ist der tot...": es war (gab) eine Frage (einen Disput; eine quaestio) unter den "natürlichen Meistern" (=Naturphilosophen; heidnische Philosophen), was der Tod sei...
"einer sprach der dot ist ein zer zerren (sic!) naturliches bandes": der Tod ist ein Außeinanderzerren des natürlichen Bandes".
"das das scheidet sel und lip": das die Seele vom Leib scheidet.
"also wirt wol sehen daz die sele nit gerne scheidet von dem libe": also wird gut gesehen (daran kann man gut sehen), daß sich die Seele nicht gerne vom Leib scheidet (trennt).
"sü flühet von eim glide in das ander bistz zuo dem hindersten in das hertze": sie flieht von einem Glied zum anderen bis zu dem hindersten in das Herz.
"das ist das erste das das leben enpfohet": das ist das erste, das das Leben empfängt (Sinn ?).
"und das -?- do stürbet: und das sterbe (Sinn ?).
"die sele scheidet ungern wan sü nit entweiß obe sü got würdig sü": die Seele scheidet ungern, weil sie nicht weiß, ob sie Gottes würdig sei.
"durch liebe oder durch Hass und weiß nit wie sü würt geurtei(l)t (geurtelt ?)": durch Liebe oder Haß und sie weiß nicht wie sie beurteilt wird.
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