Freitag, 7. September 2018

CGM 795: TRAKTAT VOM GEISTLICHEN STREIT (TEIL 4)

fol. 90 r:...so versinket er.
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Keine Sünde ist zu leicht zu nehmen. Wenn man sie durch Gott vermeidet, mehrt das die Gnade und mindert das Fegefeuer ("myndert das fegfewr") und mehrt den himmlischen Lohn. Aber niemand hat so scharfe Augen, daß er von selbst die vielfältigen Listen der Sünden und Untugenden erkennen kann ("selber erkenne die mannigfalltigen list der sunden und untugent").
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Ab hier habe ich wieder größte Schwierigkeiten,den Sinn zu verstehen: es geht, glaube ich, um eine Arznei ("ergeney" ???) gegen die Sünden. Ich bin hier aber mehr als unsicher!
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Sodann geht es um das Fasten ("vasten"; "kestigung"=Kasteiung; "das der mensch nymer uber laden wird mit kainer speis wan nicht allein die fulhait sunder auch die grosshait des essens die krenkt das herz=der Mensch soll sich nicht mit Fressen überladen, denn nicht nur die Fülle, sondern auch die Menge des Essens macht das Herz krank). Davon kommt auch die Unkeuschheit. Es geht nun um die Schädlichkeit von Fressen und Saufen: "da von wechsst jm unkeusch und nicht allein die uber mass des weins macht das gemut trunken sunder das man ysset mangerlay speis und aller maist uber mass des essens macht das gemut wankeln und beraubet es aller lauterkait des herzens...
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Es wird Essig und gutes Essen empfohlen: essige und gute speis die beraiten den menschen die gesundhait des leibs und benympt (=nimmt weg) nicht die lauterkait (=Reinheit) dem herzen ob sy (=wenn sie) mit mass genumen werden...
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Die Lehre der Heiligen besagt, daß die Kraft des Fastens einzig liegt am Maß des Essens ("das die krafft des vastens allein lig an der mass des essens")
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fol. 90 v: Das ist das Ziel ("end") der Vollkommenheit. Und wer sich da rausredet, der redet unweise ("nicht weisslich"). Dem Leib soll man nur das Nötige geben, so daß er der Seele diene und sie nicht unterdrücke ("nicht das er sy vertruk").-PAULUSZITAT: niemand soll erwählt werden, bevor er ehrlich gekämpft hat. Mit diesem Streit muß ein Geistlicher beginnen ("anheben"=anfangen; lat. incipere).
Nur im ehrlichen Streit (gegen das Fleisch usw.) bekommt man "die ere und kron des gesigs" (eine Ehrenurkunde und die Siegerkrone). Aber: "von wem der man uber wunden wirt des knecht ist er von recht"=von dem man besiegt wird, dessen Knecht ist man (nach dem Recht; rechtens; zurecht).
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Unklare Stelle: Wenn wir zu Knechten des Fleisches werden, so werden wir mit Schaden/ Schanden (?) aus dem geistlichen Streit vertrieben: so wir zu hand (=sogleich) als die knecht des fleisch mit scha(n)den vertryben von dem streit alles geitlichen kampffs
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Mit vollgefressenem Bauch, läßt sich eben schwer kämpfen oder etwas erkennen (plenus venter, non studet libenter): es ist unmüglich das der voll pauch mag erkennen den kampff des ynnteren (=inneren) menschen und der ist nicht wirdig das er mit hochem streit an gefochten werd der von leichtem kampff uber wunden mag werden (der ist nicht einmal würdig, daß man ihn anfechtet; in hohem Streit=edlen Streit angreift, der von einem kleinen Kampf gleich besiegt wird; d.h. er ist kein ehrenvoller Gegner!).
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Erstens sollen wir die Fressgier überwinden ("geitigkait;-hait des munds"=avaritia) und das Gemüt reinigen, nicht nur mit Fasten, sondern auch mit Wachen und steter Reue und Seufzen. Dazwischen solle man von der Begierde nach Vollkommenheit entzündet werden.
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