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Dienstag, 10. Juli 2012
JEANNE ANCELET-HUSTACHE: TRAITÉ SUR L'AMOUR DE DIEU
Die französische Gelehrte Jeanne Ancelet-Hustache publizierte in den 20er bis 60er Jahren des 20. Jh. wissenschaftliche Untersuchungen über das Schrifttum des deutschen Spätmittelalters.
(Daneben ist ein Buch über Goethe erschienen: Goethe par lui même.)
1926 erschien von ihr in Paris eine Untersuchung eines spätmittelalterlichen Traktats: Traité sur l'Amour de Dieu (composé vers 1430 par un clerc anonyme de l'université de Vienne, publié d'après le manuscrit allemand de Bâle).
Das Manuskript enthält 261 Blatt. Auf Blatt 1 befindet sich eine Inhaltsangabe:
Migrale von W. Textor, 1501 ins Deutsche übersetzt durch den Karthäuser Ludwig Moser, das Buch der Wahrheit von Suso und "Extrakte" aus seinen Predigten, Predigten von Tauler sowie zwei kleinere Texte und schließlich eine "Contemplatio totius vitae". Der Dialekt ist Alemannisch.
Überschrift: "Disz buoch lert uns wie wir gott unseren herren soellen lieb han uber alle ding."
Incipit: "In einem woren cristenlichen glouben, in stetter hoffnung vnd in einer volkommenen liebe behalt vns der barmhertzig gott. Amen. Es spricht ein lerer, genant der grosz Albertus in dem buchlin von XLII tugenden..."
Der Autor nimmt im Prooemium Bezug auf seinen Lehrer, der ihn zu der Schrift inspiriert hat:
"Vnd ist zemercken das ich die hinnach geschriben ding hab genomen von den leren, vnd sunderlich vssz wortten vnd vsz der ler des vil wirdigen lerers der heiligen geschrifft, MEISTER NICLASEN VON DINKELSPÜHEL (eigentlich Nicolaus Brunczler), dem gott der her gnedig syg, zuo dem ich ouch min sundere zuoflucht han gehept, der ouch ettwc (?) vil das buch uberlesen hatt."
Wir erfahren weiter:
"Vnd von der matery der liebhabung gottes han ich vormols ein buoch gemacht. Aber das gegenwertig buoch ist ye wol lenger dan disz. Sunst hatt es wenig vnderscheid von diesem. Vnd als ich das ander buoch geteilt hab in XVIII Capitel, also hab ich dz buoch geteilt in XXII Capitel, vnd dz ist guot vnd nütz, wan das do yetz vberhept ist, das ist anderswo erfüllt, vnd das wirt nach der zal der capittel dester behentlicher funden."
Kapitel 1 (das erst capitel focht an): Dieses enthält das Predigtmotto (Matth. XXII, 35-40):
"Hab gott lieb dinen herren vsz gantzem dinem hertzen, usz gantzer diner sel vnd vsz gantzem dinem gemütt: das ist das erst vnd groest gebott. Aber dz ander ist dem ersten glych vnd ist das: Hab lieb dinen nesten als dich selber.."
Zitierte Autoritäten:: Bibel; Beda, Augustinus, Albertus, Hieronymus, Joh. Chrysostomus, Gregor, Petrus Lombardus, Bernhard von Clairvaux, Thomas von Aquin, Bonaventura, Aristoteles.
Die Frage nach dem Autor:
"L'auteur du traité et son milieu: l'université de Vienne au XVe siècle. Son maître Nicolas de Dinkelpühel.
Qui est l'auteur du Traité. Il ne nous a pas dit son nom, mais il se plaît à rendre hommage à son maître, ce qui nous permet, sinon de l'identifier, du moins de le situer et der dater approximativement son ouvrage. Et d'abord reconnaissons en lui un clerc, comme le sujet choisi nous l'aurait bien fait supposer à defaut d'autres renseignements, mais il nous le dit encore assez clairement: sölicher guoter meinung begeren wir teglichen vor der prim so wir sprechen...(Ch. XVII)."
Frau Ancelet-Hustache folgert:
"Il est l'élève de Maître Nicolas de Dinkelspühel qui fut une des gloires de l'Université de Vienne à la fin du XIVe et au début du XVe siècle; il appartenait par conséquent à cette université..."
Und weiter:
"L'auteur a eu directement affaire à Nicolaus de Dinkelspühel qui a relu plusieurs fois son petit livre, nous dit-il."
"...et nous serions alors tenté d'attribuer notre texte à celui des élèves de Nicolaus de Dinkelspühel dont la tradition nous a transmis le nom: PETRUS REICHER DE PIRCHENWART..."
(Dagegen N. Paulus: NICOLAUS KEMPF VON STRASSBURG.)
Heute wissen wir, daß der Autor THOMAS PEUNTNER (1390-1439) ist (s. u.a. Katalog der Altdeutschen Handschriften der österreich. Nat. bibliothek. von H. Menhardt, 1960, Nr, 2828 (Rec. 2182), Pkt. 2; das Büchlein von der Liebhabung Gottes).
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EREC
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