Dienstag, 5. November 2013

"MURIUS ARX"

(Meines Erachtens müßte es "murium arx" bzw. "muria arx" heißen. Entweder liegt hier ein Grammatikfehler/ Druckfehler vor oder es handelt sich um Mittellatein.)
Mitten im Rhein bei BINGEN steht seit uralten Zeiten der "MÄUSETURM"  (=Mauthturm). Gegenüber befindet sich die Burg Ehrenfels, eine ehemalige Zollstation. Dort in dem Turm wurde einst Erzbischof HATTO von den Mäusen lebendig gefressen. HATTO, so erzählt die Sage, war ein abgrundböser Mensch. Oft sagte er: "Sollen mich die Mäuse fressen, wenn's nicht wahr ist!" Damals gab es eine große Hungersnot. HATTO hatte sofort eine Lösung parat, die typisch für ihn war: Am besten sei es, wenn die Armen tot wären. Boshaft wie er war, lud er die Armen in eine Scheune ein, als ob er ihnen dort etwas zum Essen geben wolle. Dann aber ließ er die Scheune anstecken! Die armen Leute erhoben ein jämmerliches Geschrei. Darauf HATTO: "Hört ihr, wie die Kornmäuse pfeifen? Nun wird der Bettel wohl ein Ende haben. Sollen mich die Mäuse fressen, wenn's nicht wahr ist!"
Da plötzlich sprangen Mäuse aus der brennenden Scheune und griffen HATTO an. Entsetzt flüchtete dieser in sein Haus. Doch die Mäuse drangen in sein Haus ein und plagten den "Gottesmann". Die Mäuse bissen und jagten ihn, ja sie fraßen von seinen Speisen, krochen in seinen Becher und selbst in sein Bett. Schaudernd erkannte dieser das Gericht Gottes. Schrecken ergriff ihn, und er floh voller Panik auf seine Wasserburg mitten im Rhein, denn er glaubte, daß die Mäuse nicht durch das Wasser schwimmen können. Doch schon im Schiff wimmelte es von Mäusen. Hinzu kamen Wassermäuse, die neben dem Schiff her schwammen. Kaum war HATTO auf der Turminsel, fielen schon die Mäuse über ihn her und fraßen ihn auf. Selbst Inschriften mit dem Namen des Bischofs nagten die Mäuse ab. Sie wollten sogar die Erinnerung an ihn auslöschen.
(Damnatio memoriae durch Mäuse!)
Doch die Geschichte verlief in Wahrheit ganz anders: HATTO I. war von 891-913 Erzbischof von Mainz. Er war Berater König Arnulfs und leitete zeitweise sogar die Reichspolitik. HATTO war ein starke Stütze des deutschen Königtums. Und: Er war ein Mann von großer Bildung und Frömmigkeit.
KARL D' ESTER schreibt: "Er verdient es daher nicht, daß diese Sage auf ihn bezogen wird."
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Wer war also der HATTO der Sage? (Wer war das Schwein?)
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AUS: RHEINSAGEN, unter Mitwirkung von Gustav Wenz neu herausgegeben und gestaltet von Karl D' Ester, Union Verlag Stuttgart 1956, 1967, S. 98 ff.
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Die Geschichte ist vielleicht eine Warnung an böse Geistliche. Liebe Geistliche, liebe Bischöfe, nehmt euch vor Mäusen in acht! Seht, was dem HATTO passiert ist!
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Der Rächer der Enterbten

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