Dienstag, 28. August 2018

CGM 4597: TRAKTAT ÜBER GEWISSEN UND SÜNDEN (TEIL 2)

fol. 78r: Das eigene Tun schätzen solche als gerecht ein, bei andern aber sind sie ungnädig und strafen sie. Es ist schwierig zu unterscheiden, ob eine Sünde tödlich oder läßlich ist.
1) Ein Mensch hat zu große Liebe zu sich oder zu einer anderen Kreatur.
78 v: Er sündigt gegen Gott, was tödlich ist. Die Selbstliebe muß klein sein!.
2) Wessen man geduldet sein will, das soll man auch bei anderen dulden ("weß du wilt vertragen sein von den menschen deß solt du sy auch vertragen und weß du wilt daß man dir tue
fol. 79 r: das solt du auch tun". Inwieweit etwas Todsünde ist, läßt sich nur schwer ermessen; es kommt auf die "umbstänt" an.
3) Wenn man etwas Böses tut (wider die Gebote oder die Gesetze der Natur) oder etwas Gutes nicht tut, dann ist das Todsünde, besonders wenn man geschworen hat oder wenn es wissentlich geschieht.
4) Wenn etwas gegen das Gewissen geschieht oder wenn man sieht, das es nicht gut ist, dann ist es Todsünde. Das Gewissen kann sich auch irren!
fol. 80 r: 5) Denkt man an eine böse, nichtige Sache, dann ist das Todsünde, auch wenn man kein Gefallen daran hat. Hat man in sich eine Nachgiebigkeit zu Werken, die tödlich sind, dann ist dies ebenfalls tödlich, auch wenn das Werk niemals geschieht!
fol. 80 v: Hat man die Geschöpfe lieber als den Schöpfer, so ist dies Todsünde. Hat man sie lieber, als man sie haben soll, aber weniger lieb als Gott, dann ist dies läßlich. THOMAS VON AQUIN wird zitiert.
fol. 81 r: BONAVENTURA: der Mensch kehrt sich durch die Todsünde von Gott ab. Es ist so, wie wenn einer zum Aufgang gehen soll, sich rumdreht und zum Untergang geht. Ein solcher "der keret sich zu ainer widerwärtigen weg"!
fol. 81 v: 3) Um ein Werk zu vollbringen, bedarf es dreier Dinge:
1) das Vermögen (Können, Macht)
2) Wissen und Verstehen (das Wie)
3) Willen
Fehlt eines davon, geschieht das Werk nicht.
82 r: Vergleich der Dreieinigkeit mit diesen drei Dingen: 1) entspricht der Allmacht Gottes, 2) seiner Weisheit, 3) der Güte des Hl. Geistes. Lustige Stelle: "wann sündest du awß (lies: aus) plödikait so ist es in (=gegen ?) got
fol. 82 v: den vater sundest du awß ainfaltichait so ist es gesünd in got den sun sündest du awß poßhait so ist eß gesünd in den hailigen geist".-Die drei Seelenkräfte, durch die wir nach der Dreieinigkeit gebildet sind: Gedächtnis, Verständnis, Wille. Wenn der Mensch tut, was er kann, dann sündigt er nicht. Gott verlangt nicht, was über das Vermögen hinausgeht. Der Mensch sündigt auch aus Einfältigkeit und Unwissen!
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