Als der 1. Kreuzzug nicht so lief, wie BADUIN (der jüngere Bruder von Gottfried) es gern gehabt hätte, dachte er sich kurz entschlossen: Sch...drauf, mach' ich doch meinen eigenen Kreuzzug (heute würden wir sagen: ich mach' mein eigenes Ding)!
1097 wurde TARSUS eingenommen, eines der vielen frommen Werke, die damals von den Kreuzfahrern "ad maiorem Dei gloriam" vollbracht wurden. Doch BALDUIN lag mehr an irdischem Besitz. Er äußerte den bescheidenen Wunsch, TARSUS für sich zu erhalten, und das obwohl TANKRED, der Normanne, die Stadt erobert hatte. Als auch noch 300 Pilger wegen ihm umkamen-sie mußten vor der Stadtmauer bleiben und wurden von den Türken gekillt-kam es zu einem Aufstand.
Bald danach starb seine Frau GODEVERE. Balduin zog, wahrscheinlich in sich gekehrt, parallel zum Hauptheer gen Jerusalem. Irgendwann wurde er wieder ganz der alte und bei Ain Tab bog er nach Osten ab, um seinen "Privatkreuzzug" zu starten. Er hatte nämlich vor, seinen eigenen Laden aufzumachen. Als er an den Euphrat kam, wurde er von den Armeniern als Retter von den Türken begrüßt. Doch BALDUIN "wollte nicht helfen, er wollte herrschen und besitzen", wie es sich für einen frommen Pilger gehört. Der armenische Herrscher THOLOS hatte damals schrecklich Angst vor KERBOGHA, einem türkischen Heerführer. In seiner Not adoptierte er BALDUIN, damit der ihm helfe. Dieser (jetzt rechtmäßiger Sohn des Regenten) hatte seinem Schwiegervater aber was gepfiffen, zog am 6. 2. 1098 nach Edessa und übernahm dort prompt eine Grafschaft, die ihm gar nicht zustand bzw. gehörte. Mittlerweile gab es einen Aufstand gegen THOLOS. Als sich sein Schwiegervater an ihn wandte, riet er ihm, sich gottergeben in sein Schicksal zu fügen. THOLOS bat dann um freien Abzug ,und BALDUIN sagte "no way, man!" Allerdings schwor BALDUIN "bei den Erzengeln, Engeln und Propheten", sich für ihn zu verbürgen. 3 Tage später floh THOLOS mit seinem Weib. Er wurde von der Menge ergriffen und in Stücke gerissen!
BALDUINS Trauer schien sich in Grenzen gehalten zu haben, denn bald nach diesen Ereignissen nahm er den Titel eines "Grafen von Edessa" an. "Privatkreuzzug" zu Ende, mission accomplished, Schwiegervater tot, Schwiegersohn Graf. Ende gut, alles gut.
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Quelle: JOHANNES LEHMANN: DIE KREUZFAHRER (Abenteurer Gottes), Bertelsmann 1976 München, S. 132-136.
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