Samstag, 22. November 2014

EIN PRINZESSCHEN TRÄUMT VON BOHEMUND

Der NORMANNE BOHEMUND muß bei seinen Zeitgenossen eine bleibenden Eindruck hinterlassen haben. JOHANNES LEHMANN nennt ihn eine der "interessantesten und undurchschaubaren Gestalten" der Kreuzzüge. Eine genaue Schilderung gibt uns ANNA, die Tochter des byzantinischen Kaisers ALEXIOS:
"Es ging von diesem Krieger ein gewisser Zauber aus, der indessen teilweise gestört wurde durch ein unbestimmbar Erschreckendes, das von seinem Wesen herrührte. Denn der ganze Mann, die ganze Person war hart und wild, in seinem Wuchs wie in seinem Blick, und selbst sein Lachen ließ seine Umgebung schaudern."
"Man hat niemals auf byzantinischem Boden einen Mann wie diesen gesehen...Er besaß...eine hohe Gestalt...und er war sehr schlank, ohne Beleibtheit, mit breiten Schultern, gut entwickelter Brust und kräftigen Armen. Im ganzen war er weder mager noch korpulent, sondern entsprach sozusagen den Maßen des Polyklet; er hatte starke Hände und stand fest auf den Füßen, derb von Hals und mit breiten Schultern. Er hatte eine sehr weiße Haut, aber auf seinem Gesicht mischte sich Weiße mit Röte. Sein Haar war weißblond und fiel ihm nicht auf die Schultern wie den anderen Barbaren; dieser Mann hatte in der Tat nicht die Manie, die Haare lang zu tragen, sondern er trug sie an den Ohren geschnitten. War sein Bart rötlich oder von anderer Farbe? Ich könnte es nicht sagen, denn das Rasiermesser war darübergefahren und hatte eine marmorglatte Oberfläche gelassen; doch schien er mir rötlich zu sein. Seine blauen Augen drückten gleichzeitig Mut und Würde aus. Seine Nase und seine Nüstern atmeten leicht die Luft; die Brust war dn Nüstern angemessen und die Nüstern der breiten Bust."
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Weiter erfahren wir, er sei "auf Krieg gerichtet" gewesen und habe einen "geschmeidigen Geist gehabt.
Und dann kritisiert sie ihn: Er sei "verschlagen" gewesen, "reich an Ausflüchten, seine Worte waren wohlberechnet und seine Antworten immer zweideutig..."
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Der rote Bart stand übrigens für "Hinterlist und Verschlagenheit"!
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Als Machtmensch muß man sehen, wo man bleibt. Wahrscheinlich ging von BOHEMUND das aus, was man "gefährliche Jovialität" nennt. BOHEMUND muß schon ziemlich gerissen gewesen sein, wenn das ANNA auffällt, denn die Byzantiner waren ja selbst Meister der Intrige. Wahrscheinlich war sie froh, wieder einmal einen echten Mann zu sehen, denn ich könnte mir vorstellen, daß sie den ganzen Tag von parfümierten Hofschranzen zweifelhaften Geschlechtes umgeben war. Und da kommt dann so ein nordischer Krieger, waffen-und sporenklirrend, ein "warlord", der in Metal und Leder gekleidet ist und nicht in Seidengewänder wie die Palastschwuchteln im Kaiserpalast. Ein Mann, der nach Feldlager und Wein roch. Ganz logisch, daß da unser Prinzeßchen Anwandlungen bekam...
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JOHANNES LEHMANN, DIE KREUZFAHRER, ABENTEURER GOTTES, Bertelsmann, München 1976, S. 76 u. 78.




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