DIE STARKENBURG IN HEPPENHEIM AN DER BERGSTRASSE (nach H. Buchmann)
http://www.heppenheim.de/Starkenburg.230.0.html
STAT SUBLIME DECUS ET INEXPUGNABILE CASTRUM ET QUOD TEUTONICE 'MONS FORTIS' DICITUR, EX RE NOMEN HABENS...
(Hochragend steht (hoch ragt empor) die Zierde und die uneinnehmbare Burg (und) die, welche auf deutsch "starker Berg" genannt wird, aus "der Sache" den Namen habend; erhaltend; d.h.weil sie eine starke Burg ist, bekam sie den Namen "starker Berg", woraus Starkenburg wurde.)
Starkenburg war der Name des Berges seit alters her, lange bevor die Burg existierte. Die Starkenburg ist die älteste Höhenburg an der Bergstraße. Der Berg ist 294 m hoch. Wahrscheinlich gab es hier schon lange vorher eine keltische oder germanische Fliehburg.
Die Burg war im Besitz des KLOSTERS LORSCH (also ein LEHEN des Klosters).
1055: UDALRICH wird zum Abt gewählt.
1065: KÖNIG HEINRICH IV. überträgt LORSCH UND CORVEY dem BISCHOF ADALBERT VON BREMEN.
UDALRICH widersetzt sich und flieht. MINISTERIALE, Fröner und Mönche bauen in knapp zwei Monaten eine Burg! Diese wurde von ADALBERT vergeblich belagert!
1066: UDALRICH erscheint mit 1200 Mann auf dem Reichstag zu TREBUR! (Ein frommer Mann!)-
Bald danach: Steinbefestigungen.
Noch vor 1100: Errichtung eines BERGFRIEDES (Höhe: 28 m). Die Kernburg ist trapezförmig (70 auf 20-30 m); an den Ecken: Flankierungstürme; Brunnen: 80 m tief (!); Zugang im Westen; Zugbrücke.
Die Burgmannen waren LORSCHER MINISTERIALEN, z.B.
1197: VRIETAK, genannt "VON STARKENBURG",
1206: HUGO "DE STARKIMBERG",
ca. 1275: RUCKELIN VON STARKENBURG.
(Der MINNESÄNGER HARTMANN VON STARKENBURG der MANESSISCHEN LIEDERHANDSCHRIFT wurde mit der Bergstraße in Verbindung gebracht. Dies ist aber so gut wie ausgeschlossen. Interessant ist allerdings diese Begebenheit: Beim Abbruch des Bergfriedes wurde das eingemauerte Skelett eines Hundes gefunden (Tieropfer; arme Kreatur!). Und tatsächlich ist das Wappensymbol HARTMANNS ein schwarzer Hund!)
In der Folgezeit gerät LORSCH in finanzielle Schwierigkeiten, so daß die Burgmannen auf den Raub von Vieh angewiesen sind ("Gewalt vert uf der straze", dichtet WALTER VON DER VOGELWEIDE).
1226-1235: Der Untergang: KONRAD DER LASTERHAFTE, letzter Abt des Klosters, wird vertrieben.
Rebellion der Burgbesatzung; diese verfielen dem KIRCHENBANN (ANATHEMA) und der ACHT. (So kann's gehen.) Da sie nun nicht mehr viel zu verlieren hatten, plünderten sie das Kloster(, was damals einem Abonnement für die Hölle gleichkam).
1232: KAISER FRIEDRICH II übertrug das "Fürstentum" dem ERZBISTUM MAINZ (werden sich gefreut haben).
Auf der Burg wohnten nun aufmüpfige MINISTERIALEN und verjagte BENEDIKTINER (tolle Truppe!).
1243: FEHDE zwischen KÖNIG KONRAD IV und dem ERZBISCHOF SIEGFRIED III- achttägige Belagerung.
FEHDE zwischen PHILIPP VON HOHENFELS (GRAF VON LEININGEN) und ERZBISCHOF SIEGFRIED- kampflose Übergabe.
1253: Zu diesem Zeitpunkt hielten sich noch die "schwarzen Mönche" (BEBEDIKTINER) auf der Burg auf.- Vertreibung der Mönche.
1267: BURGGRAF SCHYS (auch Verwalter des AMTES); einer seiner Nachfolger: PETER VON BECHTOLDSHEIM (er mußte 30 Bewaffnete zu Pferd stellen).-Ständige Besatzung in der Burg.
1322-1334: BURGGRAF HARTMUND V VON KRONBERG: Inventarverzeichnis: 15 Ballisten, zwei Schemel zum Spannen, 55 Gürtel und 22 Köcher mit Pfeilen, 10 Betten, Bettzeug, Tischwäsche, 1 Handtuch (!), 1 kleines Handwaschbecken, Maulesel, Esel, Roggen, Weizen, Spelz, Hafer, Schinken, Schweine, Salz, 144 Hektoliter Wein (!), 4500 l Käse;-
1356: ERZBISCHOF GERLACH erhält 18 000 Gulden für die Verpfändung der Burg
5 gewappnete und 3 ungewappnete Knechte, 14 Personen (Torwächter, Wächter auf der Mauer u.a.).
1373-1382: HARTMANN I BAYER VON BOPPARD: Vorwurf, Raubritter beherbergt zu haben (Von irgendwas muß man ja leben; AdV.)
1396: VORBURG (zweiter ZWINGER), 2 Rondeltürme auf der Ostseite, jew. 1 Turm auf Nord-und Westseite (später durch Bastionen sowie durch Schanzen ersetzt).-Stärkere Armierung.
1427: 6 Armbrüste, 1200 Pfeile, 8 Schrot-, 2 Kammerbüchsen, 17 Handbüchsen, 250 Feuerpfeile, 1500 "schlechte" Pfeile (in einem Faß verpackt!), 1 Wallbüchse, 4 neue Armbrüste, 2,5 t Pulver!
ab 1453: BURGGRAF ULRICH VON KRONBERG
Krieg zwischen dem MAINZER ERZBISCHOF DIETER VON ISENBURG und PFALZGRAF FRIEDRICH I: ULRICH rückt gegen WEINHEIM vor.
1460, 19. Mai: Gefecht mit den Pfälzern zwischen Laudenbach und Hemsbach: ULRICH, 8 Adlige und 21 Bewaffnete fielen. Die Pfälzer waren mit Schweizer Söldner verstärkt (und die verstanden ihren Job!).-
Gedenkstein (sog. Schlangenstein; heute im Heppenheimer Rathaus).
1504: LANDGRAF WILHELM VON HESSEN rückt mit einem starken Heer heran (war immer was los; AdV.)
1588: Mobilmachung in der Pfalz-Drohung franz. Truppen aus dem Elsaß-100 Hakenbüchsen mit Pulver auf der Burg, aber keine Mannschaften.
1621: Die Spanier unter CONSALVO HERNANDEZ DE CODOBA erobern die Burg. Die Gefallenen wurden vor der Burg beerdigt ("Spanischer Friedhof").
1623: Rückeroberung durch die Pfälzer
1630: Die Schweden kommen!
1635: Die Kaiserlichen!
1645: Die Franzosen unter MARSCHAL TURENNE kommen über den Rhein und erobern Gernsheim, Weinheim und Heppenheim.
1648: Der Burggraf verlegt seinen Sitz in die Stadt.-Modernisierung der Burg.
1679: Neubau mit großem Saal im Innenhof.
1688: Abwehr eines Angriffs MÉlACS (Recht so, immer feste druff!)
1689: Abwehr eines weiteren Angriffs der Franzosen mit nur 4 Kanonen (gut gemacht!).
(Das Schloß sei nun "mit etlichen hundert desperaten Hessen" besetzt gewesen (bin auch ein deperater Hesse!), "welche sich in vier Ausfällen hitzig gewehret".- Recht so!
1693: Die Franzosen kommen unter DE LORGES wieder. (Not again!). Angriff auf Burg-heftiges Artilleriefeuer von Osten her (Ob man wohl heute noch Kanonenkugeln von damals findet?). Die Burg hielt stand, aber Heppenheim ging in Flammen auf. (Deutsch-französische Freundschaft!)
In der Folgezeit verkommt Burg und Besatzung. Letzter Kommandeur: OBRISTWACHTMEISTER WEIL (toller Titel!), der nach 50 Dienstjahren in Pension ging! (Reicht ja auch.)
1765, 14. Mai: KORPORAL KIRCHNER marschiert mit 20 Mann ab und nimmt alle Waffen mit (kann man vielleicht noch gebrauchen). Sein Vorgesetzter gedachte, "diese ganze Bergvestung zu demolieren und eingehen zu lassen".-Ausschlachtung der Burg!
1766: Versteigerung des Baumaterials (die Zeiten werden profaner!)
1768, 10. Juli: Blitzeinschlag.
KURFÜRST FRIEDRICH KARL JOSEPH VON ERTHAL gebietet dem illegalen Abbruch Einhalt, um die Burg als Denkmal zu retten (endlich mal einer, der kein Banause ist!).
1803: KURMAINZ wird aufgelöst und die Burg kommt an HESSEN-DARMSTADT.
1819: PHILIPP GUTHIER wird Burgwächter (Nachfahre des SIMON GOUTTIER: aus Frankreich zugewandert; nach 1640 Burgkommandant).
1832: Burg unter der Obhut der Forstverwaltung-Berg wird aufgeforstet.
1877: Reparaturen am Turm.
1924, 22. Okt., 14 Uhr 45: Sprengung des Turmes (!), der 800 Jahre das Wahrzeichen der Bergstraße war.-Entdeckung romanischer Bauteile-Basis des Turms nach römischer Mauerbautechnik errichtet!
1925: neuer Turm-Jugendherberge
Schäden im 2. Weltkrieg.
1954: Reparatur
1960: Wiedereröffnung der Jugendherberge.
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Mit der Starkenburg verbindet mich eine gewisse (innere) Beziehung.
Ich habe die Burg in Abständen immer wieder besucht. 1980 verbrachte ich dort einige Tage in der Jugendherberge. Außerdem absolvierte ich die 12. und 13. Klasse am Starkenburggymnasium Heppenheim.
Von 1980-83 wohnte ich dann in Heppenheim (Tuchbleichstraße; bei Fam. Patzke).
Guthier: Einer meiner Klassenkameraden hieß so. Vielleicht ein Nachfahre des Burgwächters, wer weiß.
Gefecht in den Feldern zwischen Laudenbach und Hemsbach: Dort bin ich unzählige Male mit meinem Schäferhund Rex herumgelaufen, ohne zu wissen, was an diesem oder jenem Platz damals genau passiert ist.
Der "Weinsberger Poet" dichtet am Heidelberger Hof:
"In den ziten, als ich es merk,
zoch der amptmann von Starkenberg
mit mentzischen rütern uß
geweltiglich zu roß und fuß
der was ettwo vil hundert
heten sich ausgesundert."
Und das Ende vom Lied:
"...und erstachen den houbetman
mit ettwo vil geschlechten
guten rittern und knechten."
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Aus: Hans Buchmann: Burgen und Schlösser an der Bergstraße, Stuttg. 1989.
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EREC
(Gesellschaft zum Gedenken an Konrad den Lasterhaften)